Manchmal kann man im Tennis auch nach 2:54 Stunden Spielzeit nicht genau sagen, warum der eine gewonnen und der andere verloren hat: Borna Coric jedenfalls dürfte nicht so genau wissen, warum er das Viertelfinale erreicht hat. Der Titelverteidiger der NOVENTI OPEN schrammte beim 7:6(4), 5:7, 7:6(4) gegen Joao Sousa nur knapp an einem vorzeitigen Aus vorbei. So aber steht er nach einer wahren Tennisschlacht auf Rasen im Viertelfinale, wo er auf den Franzosen Pierre-Hugues Herbert trifft.
Vor den Augen von Coach Ricardo Piatti spielte Coric gut und stabil, doch das tat auch sein Gegner, der in den letzten drei Jahren in Halle immer in der ersten Runde gescheitert war. Ein Klassenunterschied, wie ihn die Weltranglistenplatzierungen 14 und 71 vermuten lassen, war nicht zu erkennen.
Als Borna Coric 2015 als 18-Jähriger sein erstes, eher unbeholfenes Match auf dem Haller Rasen absolvierte, sah wenig danach aus, dass er dieses Turnier einst gewinnen würde. Doch der Kroate – mittlerweile 22 Jahre alt - hat viel dazu gelernt. Er spielt kein typisches Rasentennis (wer tut das schon noch?), sondern spielt im Prinzip auf Gras fast genauso wie auf Hartplatz. Druckvoll und präzise von der Grundlinie. Pfeilschnell auf den Beinen, mit einem guten Aufschlag ausgestattet. Und dieses Gesamtpaket reicht allemal, um auf dem grünen Belag vorn mitzumischen. Das hat er mit dem Finalsieg über Roger Federer 2018 in Halle bewiesen. Und zuletzt auch in s’Hertogenbosch, wo er das Halbfinale erreichte.
Doch Joao Sousa bringt auch ein ordentliches Paket an Fähigkeiten mit. Und die packte er alle aus, vor allem seine starken Returns. Breakbälle gab es insgesamt nur wenige. Die entscheidenden hätten jene für den Portugiesen im siebten Spiel des dritten Satzes sein können, ja, sein müssen. Doch er vergab unter dem Haller Flutlicht alle drei.
Das Publikum, das bis 21.30 Ortszeit im Gerry Weber Stadion ausharrte und beide Akteure anfeuerte, wurde beim Matchball dann mit dem besten Ballwechsel der Partie belohnt. Einer wahnsinnig schnellen, schier unendlichen Rallye, die Coric den Sieg brachte. „Dieses Spiel hätte zwei Sieger verdient, ehrlich“, befand der Titelverteidiger. Stimmt. Vom längsten Match der Turniergeschichte waren die beiden übrigens noch ein gutes Stück entfernt: Das lieferten sich 2011 Cedrik-Marcel Stebe und Leonardo Mayer. Sie brauchten unfassbare 3:42 Stunden.