Wenn einer neunmal das gleiche Turnier gewonnen hat, scheint der zehnte Titel nur einen Schritt entfernt. Doch so einfach ist das im Tennis nicht. Auch nicht für einen wie Roger Federer, den neunmaligen Sieger von Halle. Im Vorjahr unterlag er im Finale überraschend dem jungen Kroaten Borna Coric. Diesmal tat er sich gleich zum Auftakt schwer.
Aber der Maestro aus der Schweiz strauchelte nicht beim Auftakt seiner Rasensaison gegen den Australier John Millman. Ja, jenen Millman, der den vielleicht besten Tennisspieler aller Zeiten bei den US Open zuletzt in vier Sätzen nach Hause geschickt hatte. Federer war gewarnt: "Wenn dich einer bei einem Grand Slam raushaut, weißt du, was der kann". Und so wollte er im Gerry Weber Stadion von Anfang die Verhältnisse klar rücken. Wieder und wieder versuchte er seine Vorhandpeitsche unerreichbar ins Ziel zu bringen. Doch der Meister fand zunächst das Maß nicht. Fehler um Fehler unterlief ihm: zu lang, zu tief, zu weit nach links. Und Millman spielte gut. Servierte sicher durch, ließ keinen Breakball zu. Doch mit 37 Jahren und 101 Turniersiegen im Rücken bleibt einer wie Federer trotzdem ruhig und wartet – auf seine Chance und auf das Maß. Im Tie-Break des ersten Satzes fand er beides: 7:1.
Im zweiten Durchgang kam der 20-fache Sieger bei Grand-Slam-Turnieren besser ins Spiel, breakte im sechsten Spiel und brachte es dann ordentlich mit 6:3 zu Ende. Die Fans im ausverkauften Stadion jubelten: ihr Publikumsliebling, der in Halle beinahe schon zum Inventar gehört, steht im Achtelfinale. Manchmal sind sie eben so, diese ersten Runden auf Rasen. Oder wie es der Maestro sagt: "Hauptsache gewonnen und durch, alles andere ist in einer ersten Runde nicht so entscheidend."
Der nächste Gegner ist nun der Franzose Jo-Wilfried Tsonga. Die beiden haben auf Rasen nur einmal gegeneinander gespielt. Das war 2011 in Wimbledon und damals siegte Tsonga nach einem 0:2-Satzrückstand noch in fünf. Federer hatte nach dem ersten Satz damals keinen Breakball mehr. "Da hat er unmenschlich aufgeschlagen, immer die Kombination Aufschlag-Vorhand gespielt. Das war beeindruckend", sagt der Schweizer. In Miami trainierte er zuletzt noch mit dem Franzosen. "Eine leichte Auslosung für ein Achtelfinale hier ist das nicht."