Alles neu für Jannik Sinner. Das war das Motto im Halbfinale der 31. TERRA WORTMANN OPEN. Zum ersten Mal tritt der Südtiroler in dieser Woche als Nummer eins bei einem ATP-Turnier an. Zum ersten Mal spielte er gegen Zhizhen Zhang aus China. Zum ersten Mal stand er im Halbfinale von Halle. Und nun steht er zum ersten Mal im Finale von Deutschlands größtem Tennisturnier.
Der 22-Jährige lässt sich von all dem nicht aus der Ruhe bringen. Das ist in der Turnierwoche offensichtlich. Sinner bleibt konzentriert und lässt sich nicht anmerken, wenn ihn etwas nervös macht. Im Viertelfinale gegen Jan-Lennard Struff etwa vergab er 16 von 18 Breakbällen. Mancher hätte da geschimpft oder den Schläger zerhackt. Nicht so der Rotschopf aus Sexten. Er behielt den Fokus.
Das Halbfinale begann ausgeglichen. Zhang zog sein druckvolles Vorhandspiel dicht an der Grundlinie auf, Sinner parierte variabel und übernahm die Initiative, wann immer er konnte. Im neunten Spiel hatte der Favorit erstmals Breakball und nach einer harten Cross-Rückhand bekam Zhang den Ball nicht mehr übers Netz: 5:4. Nach 39 Minuten verwandelte Sinner den zweiten Satzball per Ass.
Satz zwei schien eine Kopie zu werden, als es erneut bei 4:4 eng wurde für den Chinesen. Doch diesmal hielt er sein Service. Wenig später staunte das Publikum: nach einem Doppelfehler der Nummer 1 hatte der Außenseiter bei 6:5 urplötzlich Satzball. Doch den wehrte Sinner mit einer krachenden Vorhand ab. Es ging in den Tie-Break. Da gab es zunächst Verwirrung um einen Aufschlag Zhangs. Der Schiedsrichter erkannte auf zweiten Aufschlag. Doch Sinner gewährte dem Gegner zwei neue. Ein Gentleman. Der den Tie-Break dann im Griff hatte und nach 99 Minuten den Matchball verwandelte.
Mit seinem Finaleinzug hat Sinner in Halle Historisches geleistet. Er ist erst der dritte Spieler hier, der als amtierende Nummer eins ins Endspiel kommt. Vor ihm gelang das nur Seriensieger Roger Federer und Daniil Medvedev. Historisch ist auch das Attribut für Zhizhen Zhang. Er war der erste Chinese in den Top 50 der Welt und der erste Chinese im Halbfinale eines Rasenturniers. Den Titel als erster Chinese, der die Nummer eins schlägt, hat der Mann aus Shanghai vorerst verpasst.
Im letzten Match des Turniers trifft Jannik Sinner am Sonntag auf Hubert Hurkacz, einen sehr guten Freund. Gemeinsam hatten sie Doppel gespielt bei den TERRA WORTMANN OPEN, schieden aber im Viertelfinale aus. Im direkten Einzelvergleich steht es 2:2, doch noch nie haben die beiden auf Rasen gegeneinander gespielt. Das einzige Finale der vier Matches fand 2021 in Miami statt. Da gewann der Pole gegen den damals noch sehr jungen Italiener. „Das wird morgen sehr, sehr schwierig gegen Hubi, er spielt hier sehr gut“, sagte Sinner. Und bezogen auf die Freundschaft meinte er grinsend: "Morgen sind wir dann für eine Weile keine Freunde, aber nach dem letzten Punkt wieder."