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31. TERRA WORTMANN OPEN  15. - 23. Juni 2024

TICKET CENTER 05201 81 80
Montag bis Freitag 11 - 17 Uhr
(im Sportpark, Gausekampweg 2, Halle/Westf.)
 

Von Kiew nach Halle

Wie Andrei Medvedev Thomas Muster bei der „Champions Trophy“ ersetzte

Andrei Medvedev gehört unzertrennlich zur Geschichte der TERRA WORTMANN OPEN. Als Deutschlands wichtigstes Tennisturnier Laufen lernte, in seinem Debütjahr 1993, war Medvedev der unterlegene Finalist, der zweite Sieger hinter dem französischen Spaßvogel Henri Leconte. Auch danach war Medvedev immer wieder zu Gast im westfälischen Halle, ein gern gesehener Entertainer, der mit Worten genauso gut umgehen konnte wie mit dem Schläger.

29 Jahre nach seinem Premierenauftritt wird Medvedev nun wieder für einen denkwürdigen Moment am Schauplatz des ATP 500er-Rasenklassikers sorgen – wenn auch nicht im Hauptfeld des Wettbewerbs. Medvedev, 1999 Finalist in einem historischen French Open-Endspiel gegen Andre Agassi, ist mitten im russischen Angriffskrieg gegen sein Heimatland Ukraine nach Ostwestfalen gekommen, kurzfristiger Vertreter in der „Champions Trophy“ für den verletzten Österreicher Thomas Muster.

Als Turnierchef Ralf Weber bei Medvedev anrief und fragte, ob er sich einen Auftritt vorstellen könnte, setzte der 47-jährige kurzerhand alle Hebel in Bewegung, um eine Genehmigung für das Tennismatch in Deutschland zu bekommen. „Solche Anträge werden in der Regel genehmigt, wenn es sich um sportliche Anlässe mit Ausstrahlung und Bedeutung handelt“, sagt Medvedev, „ich war mir eigentlich sicher, dass es klappt. Und nach einiger Wartezeit war das Okay dann auch da.“

Die 1980 Kilometer von Kiew bis nach Halle, die er auf seinem Tachometer stehen hat, legte er in zwei Etappen zurück, mit einer Pause an der polnisch-ukrainischen Grenze. Die Routen in Richtung Westen seien einigermaßen sicher, sagt Medvedev, „ganz genau weiß man es allerdings auch nicht.“ Er passierte auf dem Weg nach Deutschland auch die Schreckensorte Butscha und Irpin, man sehe nicht mehr alles von den schlimmsten Gräueln des Krieges, aber es sei „ein beklemmendes Gefühl, „etwas das man nicht schildern kann.“

In Halle will Medvedev auch ein wenig abschalten nach den letzten Monaten, die ihm immer noch unwirklich vorkommen, wie ein böser Traum: „Ich hätte nie mit dem gerechnet, was unserem Land nun passiert ist.“ Vor ein paar Wochen wäre es ihm „sicher noch schwer gefallen“, einer Bitte wie der von Turnierchef Ralf Weber zuzustimmen, so Medvedev: „Da hatte ich irgendwie komplett mein Lächeln verloren, meine Positivität.“ Dann habe er aber wieder Hoffnung geschöpft, Zuversicht gefunden, sagt Medvedev. „Auch weil ich wieder mit meiner Familie zusammen war, die zwischenzeitlich ins Ausland geflohen war.“

Medvedev freut sich auf die „Champions Trophy“-Partie am Sonntag, auf dem Centre Court der OWL ARENA. Dort, wo er als 18-Jähriger zum ersten und einzigen Mal ein ATP-Endspiel auf Rasen erreichte. „Es ist unglaublich, was hier im Laufe der Zeit entstanden ist“, sagt Medvedev, „ein Turnier, das in der ganzen Welt bekannt ist und von den Profis geschätzt wird.“ Und dann schweifen seine Gedanken doch noch einmal kurz in die Heimat ab, zu einem großen Tenniszentrum nahe der Hauptstadt Kiew. „Dort sind bis vor kurzem noch alle möglichen Meisterschaften ausgetragen worden. Nun wurde es im Krieg aber vollständig zerstört. Es ist ein Elend“, so Medvedev. Und stellt die Frage: „Warum das alles?“

Springt kurzfristig für den verletzten Thomas Muster ein: Andrei Medvedev, Finalist des Debütturniers 1993, ist extra für die „Champions Trophy“ am heutigen Sonntag nach HalleWestfalen gereist. © TERRA WORTMANN OPEN/HalleWestfalen